Bericht: Björn Höcke in Wertheim

Am 14.09. lud Christina Baum, Landtagsabgeordnete und Zahnärztin aus Lauda, den Chef ihres rechten Flügels, BERND Höcke nach Wertheim in eine Schulturnhalle ein. Aus diesem Anlass versammelten sich zuvor ca. 150 Gegendemonstrierende am Marktplatz der baden-württembergischen Kleinstadt (Polizeischätzung angeblich 250).

Im Vorfeld hatten Polizei, Stadt und Presse appelliert friedlich zu bleiben. Es wurde eine Bedrohungslage konstruiert, als käme die Gewalt von Menschen, die sich gegen Faschismus einsetzen. Nichts soll die Wertheimer Idylle trüben.

Leider ging der Demozug nur ein paar hundert Meter und leider ging er nicht vor den Eingang des Veranstaltungsortes. Die Reden zogen sich bis zum Beginn der AfD-Veranstaltung, so dass der größte Teil der Menschen ihren Unmut nicht direkt adressierte. Wir halten es für richtig uns den Faschisten direkt in den Weg zu stellen. Die Polizei war allerdings heute mit einem übertriebenen Aufgebot vor Ort. Die vielen eingesetzten Bereitschaftspolizisten langweilten sich vor der Halle, ein Zivilfahrzeug fuhr um den Block, um Antifaschist_Innen zu kontrollieren und der Würzburger Staatsschutz war in Person von Niklaus am Start.

Extra aus Bayern nach Baden-Württemberg gereist war Herr Niklaus mit seinem Kollegen aber nicht um sich die faschistische Propaganda Höckes anzuhören. Er schleichte über den Marktplatz und checkte die Gegendemonstrant_innen. Oben an der Halle schien er sich auch nicht für die Nazis zu interessieren, sondern gaffte über den Zaun zu den Antifas.

Als es wirklich verfassungsfeindlich wurde, war Niklaus schon längst weg. Bevor die Faschist_innen Baum und Höcke mit ihrer Propagandashow starteten, ließ sich Herr Niklaus wieder nach Würzburg fahren.

Vor der Halle versammelten sich Kameradschaftler, Burschenschaftler und Otto Normaldeutsche. Auch zwei Dutzend Antifaschist_innen protestierten direkt vor der Halle und verteilten Flyer („Dafür steht die AfD“), die von außen aussahen wie AfD-Propaganda, so dass ordentlich Flugblätter unter den AfD-Sympathisanten verteilt werden konnten.

Mit einem schwarzen Audi (EF – SK 637) kam der „Führer“ des offen faschistischen AfD-Flügels angefahren. Christina Baum, die zu den Erstunterzeichner_innen der sog. „Erfurter Resolution“ gehört, startete mit ihrer Rede in den Abend. „Ich war schon immer stolz Deutsche zu sein“ und „Ich habe eine tiefe Liebe zu meinem Volk“ brachten ihr direkt die Sympathie der 300 zuschauenden Nationalist_innen. Sie faselte, dass „Deutschland nur zu retten sei“, wenn die Staatsbürgerschaft wieder nach völkischen Kriterien vergeben wird. Wer in Deutschland geboren wird, aber keine deutschen Eltern hat, gehört nicht zu ihrem Volk. Baum gibt sich äußerlich bürgerlich, ist aber eine Frau, die genauso gut in der NPD sein könnte. Sie ruft dazu auf, „Deutschland zu verteidigen“ und heizt die Menge an, bevor ihr politisches Vorbild Bernd ans Mikrophon tritt. Erschreckend, dass Baum bei den Landtagswahlen in ihrem Wahlkreis mehr als 17% der Stimmen auf sich vereinen konnte.

Erschreckend ist es auch, dass nach 1945 zum ersten Mal wieder eine faschistische Partei ins oberste deutsche Parlament einziehen wird. Bernd Höcke ließ auch in Wertheim keinen Zweifel daran, wo er steht. „Wir brauchen keinen Kampf gegen Rechts“, sagt der Geschichtslehrer, der mit seiner Forderung nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ für Aufsehen sorgte.

Höcke weiß, dass den Faschismus in seinem Lauf niemand stoppt. Ist das Volk erst einmal angeheizt, kann man alles sagen. Die Zeit in der sich die AfD von Faschisten nach außen hin abgrenzt ist vorbei. „Wir nennen uns in Thüringen Heimatpartei“, meint Bernd, ganz klar darauf bedacht die Stimmen der NPD-Wähler_innen abzugreifen. Das Schlagwort „Heimatpartei“ ist eigentlich der Zusatz der NPD.

Seine Rede ist ein einziger Rundumschlag gegen Journalist_innen, „die da oben“, die EU, die „Homolobby“, Migrant_innen, Linke, Muslime und alle, die nicht in völkischen Kategorien denken. Er solidarisiert sich mit Andre Pogenburg, der „Deutschland den Deutschen“ forderte. Vor zwei Jahren hätten diese Äußerungen noch einen Skandal ausgelöst und bald sitzen diese Menschen im Reichstag. Einen Aufschrei erzeugen die Forderungen der AfD schon lange nicht mehr, auch nicht in Wertheim. Die Rechten haben es geschafft den Diskurs zu verrohen und innerhalb der AfD ist niemand mehr für eine Abgrenzung zum Faschismus.

Nach 45 Minuten Phrasendrescherei tobt „das Volk“. Standing Ovations in Wertheim von hunderten Menschen für eine Rede, die an die dunkelsten Zeiten der Geschichte erinnert. Aber Hauptsache alles ist friedlich.