„Zwischen Schnaps und Bier wird der Hass geschürt“

Bis auf den letzten Platz war das Sportheim in Nordheim gefüllt, als die Gemeinde zu einer BürgerInnenversammlung am Mittwoch, den 18.11. zur Unterbringung von Geflüchteten aufrief. Da der Ort nur 30 Kilometer von Würzburg entfernt liegt und im Vorfeld Rechte über Facebook ihre Teilnahme ankündigten, entschlossen wir uns, in den Ort im Landkreis Kitzingen zu fahren.

Von Beginn an herrschte in dem Saal, in dem sich etwa 500 Leute versammelt hatten, eine typisch deutsche Stimmung. Nach den unsouveränen Reden des Bürgermeisters und des Zuständigen des Bezirks Unterfranken, durfte das biertrinkende Volk Fragen stellen. Natürlich war uns klar, dass in dieser Atmosphäre keine sachliche Debatte aufkommen kann. Obwohl es sich nur um eine Notaufnahmeeinrichtung mit 150 Geflüchteten am Ortstand in einer verlassenen Kaserne handelt, war ein signifikanter Teil der Dorfgemeinschaft reserviert bis feindlich eingestellt. Der oberdeutsche Michael, vermutlich der Verwalter der Seite „Nordheim wehrt sich“, ergriff als erstes das Wort, um die Stimmung weiter zu vergiften. „Nordheim ist ein Touristendorf, wir wollen nicht werden wie Lampedusa“, stammelte der Dorfbewohner in das Mikrophon. Ein anderer „besorgter Bürger“ sorgte sich um den Handyempfang. „Wenn die alle telefonieren, bricht unser Handynetz zusammen“, so der sichtlich Verwirrte. Es wurde anfangs alles gegeben, um sich als Opfer darzustellen. „Würzburg hat 200.000 Einwohner und prozental nicht so viele Flüchtlinge wie wir. Wir armen Dorfbewohner. Mimimi.“, behauptete einer, der sich massiv mit der Einwohnerzahl verschätzte.

Die Verantwortlichen tat nichts um die Stimmung zu beruhigen. Ihre Antworten waren mehr als unbefriedigend und sie versuchten wohl ihre StammwählerInnen nicht mit humanitären Aussagen abzuschrecken. In der zweiten Fragerunde wurde weiter gedeutschtümelt. Die Oberkartoffel nahm das Mikrophon: „Wieso brauchen die Flüchtlinge Brandschutz? Wir damals bei der Bundeswehr, um uns hat sich keiner gekümmert! Wir zahlen für die! Die sollen ihr Land selbst aufbauen.“ „Wir wissen, dass nur junge Männer kommen, dann können sich die Frauen nicht mehr auf die Straße trauen“, sagte eine Andere. Erschreckend wie zurückgeblieben einige Menschen im 21. Jahrhundert sind. Die Frage einer Antifaschistin, wie denn die Geflüchteten geschützt werden vor eventuellen Übergriffen, wurde nur sehr patzig vom Bürgermeister beantwortet. „Um die Sicherheit wird sich gekümmert“, so der Bürgermeister, der genervt war von anwesenden AntifaschistInnen, die seine Dorfidylle zerstörten.

Zum Glück gab es auch auf Seiten der BürgerInnen Menschen, die sich nicht der rechten Hetze anschlossen und fragten, wie man helfen kann. Die Stimmen der HetzerInnen wurden leiser, als einige Leute für Geflüchtete das Wort ergriffen. Michael verließ den Saal. Ein ortsansässiger Arzt bot seine Hilfe an und auf einmal lobte man sich für seine Weltoffenheit. Gegen Ende feierte sich das Dorf für eine „sachliche und gute Debatte“.

Wir begrüßen es, dass sich in dem Ort viele Menschen mit den Geflüchteten solidarisieren. Allerdings betrachten wir die große Menge an rechter Hetze als eine Gefahr für die Menschen, die im Dezember dort einziehen werden. Wir werden auch in Zukunft die Situation im Würzburger Umland im Auge behalten. Den FlüchtlingshelferInnen und den weltoffenen Menschen im Ort gilt unsere Unterstützung. Wir hoffen, dass bürgerliche Nazis es nicht schaffen das Klima im Ort weiter zu vergiften.