Verschwiegen, ermordet, verleugnet. Zum 80. Jahrestag des Georg Elser Attentats.

Am 8. November 1939 explodierte eine, vom Widerstandskämpfer Georg Elser in einer ausgehöhlten Säule hinter dem Rednerpult versteckte, Zeitbombe im Münchner Bürgerbräukeller. Hitler und fast die ganze NS-Spitze hatten sich dort versammelt. Pünktlich zur geplanten Uhrzeit um 21:20 Uhr ging sie hoch und tötete acht anwesende Personen – darunter eine Kellnerin – und verletzte 63.

Das Ziel des Attentats, hatte jedoch bereits vor 13 Minuten den Saal verlassen. Adolf Hitlers Flug war ausgefallen, sodass er einen Sonderzug nach Berlin nahm und dafür seine Rede verkürzte. Elsers mühevoll über Wochen bis ins kleinste Detail vorbereiteter Tyrannenmord war gescheitert. Mit dem Bau der Bombe hatte er beabsichtigt, den kürzlich begonnen Krieg im Alleingang wieder zu beenden, bevor die Situation eskaliert. Er wurde, noch vor der Explosion, an der schweizerischen Grenze, aufgrund einer abgelaufenen Grenzkarte, durchsucht und nach Auffälligkeiten im Gepäck und einem Abzeichen des Roten Frontkämpferbundes, einem paramilitärischem Arm der KPD, an der Kleidung, festgenommen. Unter Gestapo-Verhör und Folter gestand er das Attentat, woraufhin seine Eltern, seine Schwester und ihre Familie ebenfalls verhört wurden. Die Mitschrift des Verhörs Elsers vom 19. bis 23. November ist heute als Berliner Verhörprotokoll bekannt. Lange glaubten die Nazis nicht an seine Alleintäterschaft, bis Elser die Bombe unter ihrer Aufsicht erneut anfertigte. Als „Sonderhäftling des Führers“ war er ab 1941 erst im KZ Sachsenhausen, dann in Dachau inhaftiert und wurde am 9. April 1945 auf Befehl Hitlers, im geheimen mit einem Genickschuss, hingerichtet.

Verschwiegen, ermordet, verleugnet. Georg Elser war über Jahrzehnte ein Tabuthema in seiner Familie, in der Öffentlichkeit rankten sich Verschwörungstheorien um seine Person und angebliche Drahtzieher seines Attentats. Zwar ist seine Geschichte – besonders mit Hilfe der Berliner Verhörprotokolle – gut aufgearbeitet, sein Bekanntheitsgrad ist jedoch noch immer niedrig. Beim Thema Hitler-Attentäter kommt den meisten Menschen zuerst Stauffenberg in den Sinn, dessen Mordversuch ebenfalls nur knapp an einem Tisch scheiterte. In der Schule, in den Medien, Stauffenberg ist stets präsent, wobei häufig unter den Tisch fällt, dass er keinesfalls aufgrund seiner ehrenhaften und antifaschistischen Gesinnung versuchte Hitler umzubringen. Der glühende Nationalist vertrat jahrelang ähnliche, wenn auch nicht so extreme Positionen wie der Nationalsozialismus, bis er dessen Unrecht erkannte. Zwar war Stauffenbergs Priorität die Beseitigung der NS-Diktatur (alles weitere würde man danach sehen), doch beabsichtigte er danach keinesfalls die Einführung einer Demokratie. Elser hatte „noch größeres Blutvergießen verhindern“ wollen; Stauffenberg wollte das „sinnlose Menschenopfer“ verhindern, dass sich durch die aussichtslose militärische Lage des Deutschen Reichs nach der Invasion der Alliierten in der Normandie abzeichnete. Zum 80. Jahrestag seines Attentats würdigt Bundespräsident Steinmeier Elser mit einem Denkmal, seit einigen Tagen schreibt eine Zeitung nach der anderen über ihn und erinnert die Menschen an seinen selbstlosen Einsatz. Der Satiriker Jan Böhmermann brachte es vor wenigen Tagen in einem Tweet auf den Punkt: „Georg Elser wollte Hitler töten, damit er keinen Erfolg hat. Stauffenberg wollte Hitler töten, weil er keinen Erfolg hatte.“