„Ganz Schweinfurt hasst die Polizei“ – Polizeiwillkür bei Protesten gegen AfD-Demonstration

Am späten Nachmittag des 28.April versammelten sich etwa 200 AfD-ler*innen in Schweinfurt, um sich in ihrem nationalistischen Konsens zu feiern und den hetzerischen Worten von u.a. Björn Höcke zu lauschen. Bei deren Kundgebung erkannte mensch nicht nur den Wügida-Kopf Simon Kaupert, sondern auch identitäre Freunde von ihm, die, ähnlich wie bei einer vergangenen AfD-Veranstaltung in Lauda, die Ordner stellten. Es kam zu lautstarkem Protest der Gegendemonstrierenden und einem Blockadeversuch, bei deren Auflösung die Polizei Gewalt anwendete.
Doch deutlich willkürlichere und repressivere Szenen ereigneten sich an einem anderen Ort.

Kurz bevor sich die AfD-Demonstration von der Auftaktkundgebung am Marktplatz durch die Spitalstraße bewegen wollte, setzten sich ca. 15 Antifaschist*innen auf die Route. Die überraschten Cops mussten die Demo der „besorgten Bürger*innen“ für kurze Zeit stoppen und entschieden sich dann ohne vorherige Kommunikation die Blockierer*innen mit Gewalt zwei Meter auf Seite zu drücken, um ihrer augenscheinlichen Lieblingspartei die Demonstration zu ermöglichen. Die ca. 200 Rassist*innen wurden direkt an der Blockade vorbeigeleitet, u. a. flog eine brennende Zigarette auf die blockierenden Menschen ohne dass die Polizei, die das Geschehene kommentierte, gegen die AfD-ler*innen eingriff.

Nachdem die Rechten vorbeigezogen waren, wurde skurrilerweise das Polizeiaufgebot gegen die Blockierer*innen verschärft. Immer wurde versucht eine kurzfristige Versammlung anzumelden, doch dass es nichts bringt seine Rechte zu kennen, war keine Überraschung. Die Bullen parkten ihre Wagen so, dass Passant*innen und andere Gegendemonstrierende ja nicht mitbekommen, wie mit der Blockade weiter verfahren wird. Passant*innen wurden weggedrückt und als sich die Cops unbeobachtet fühlten, begannen sie eine Person willkürlich rauszugreifen. Auch Versuche einen Kompromiss auszuhandeln wurden von der Polizei unterbunden, die auch andere Menschen rigoros wegzerrte. Als die Cops die letzten Personen wegräumen wollten, meinte ein Polizist: „Dann werfen wir sie doch einfach in die Scheiße.“ Gemeint war auf dem Boden liegender Hundekot, in den eine Person gedrückt wurde. Die festgesetzten Personen wurden nach und nach komplett durchsucht, dabei wurde den Menschen auch in den Schritt gefasst. Nach der Kontrolle wurden die Blockierer*innen an einer Schaufensterfront festgesetzt. Eine Person wurde ebenfalls in das kurzfristig eingerichtete Gewahrsam verfrachtet. Er hatte bei der Rede von Björn (Bernd) Höcke „Nationalismus raus aus den Köpfen gerufen“. Sein Begleiter wurde wegen einem kleinen Messer direkt in die Dienststelle verfrachtet.

Nach einiger Zeit entschieden sich die völlig willkürlich und planlos agierenden Bullen eine Person aufs Revier zu fahren. Es wurde die Ordnungswidrigkeit der Verweigerung der Personalien vorgeworfen. Im Revier diskutierten die Bullen: „Der Michael will denen eine Anzeige wegen Widerstand drücken“. – „Ja, das ist doch lächerlich, die haben doch garnichts gemacht, wie lächerlich kommt das den vor Gericht rüber“.

Als die immer noch in der Stadt festgesetzten Personen forderten auf Toilette zu gehen, wurde einzig angeboten die Personen aufs Revier zu fahren, damit sie dort aufs Klo können. Nach ewigen Faxen und ständigen Diskussionen durfte immer mal wieder eine Person in Begleitung von zwei Cops eine naheliegende öffentliche Toilette nutzen. Allerdings argumentierten die Bullen immer wieder, dass gerade niemand da ist, um die Personen aufs Klo zu begleiten.

Solidarische Gegendemonstrierende unterstützen die festgesetzten Personen mit Getränken, Kippen und Süßigkeiten (leider keine Bananen). Einige Zeit später wurden nochmals komplett willkürlich zwei der Festgesetzten zum Revier gefahren, um eine Vernehmung durchzuführen. Den beiden wurde Widerstand vorgeworfen. Die Polizei hielt auch nach Ende der AfD-Kundgebung am Georg-Wichtermann-Platz weiter die verbliebenen Blockierer*innen im Schaufenster des Modegeschäfts Müller fest. Erst nach weiteren Aufforderungen von Außenstehenden wurden die Personen nach über zwei Stunden freigelassen.

Daraufhin machte sich eine lautstarke Spontandemonstration mit etwa 35 Antifas auf dem Weg zur Pig-Station, um die anderen Gefangenen zu empfangen. Die wütendenden Demonstrierenden forderten die Freilassung der Gefangenen vor dem Polizeirevier und nach und nach wurden die Menschen in die Freiheit entlassen. Die Zeit wurde sich mit dem Singen von Arbeiterliedern und mit Sprechchören gegen die Bullen vertrieben. Die Stimmung wurde mit jeder weiteren Freilassung besser und am Ende schallte es auf dem Hof des Reviers nur noch „Ganz Schweinfurt hasst die Polizei“.

Bericht zur Kundgebung am 22.04.2016 – „Kein Vergeben – Kein Vergessen! – Wider dem Geschichtsrevisionismus“

Am Freitagnachmittag versammelten sich ca. 20 Antifaschist*innen zu einer etwa vierstündigen Kundgebung am Oberen Markt in Würzburg vor dem Falkenhaus. Es wurden Reden gehalten, die sich mit der Gedenkkultur der Würzburger*innen auseinandersetzen. Beispielsweise wurde in einer Rede thematisiert, dass in Würzburg ein martialisches Denkmal für die deutschen Soldat*innen der beiden Weltkriege steht und in unmittelbarer Umgebung den Opfern der Shoa ein wesentlich kleineres Denkmal gewidmet ist. Dies ist nur eines von vielen Beispielen, die zeigen, wie Täter aus der Nazizeit als Helden oder wie im Falle der Zerstörung Würzburg als Opfer des Krieges verklärt werden.

Da wir all dies nicht hinnehmen möchten entschieden wir uns mit den Würzburger*innen ins Gespräch zu kommen, die sich am gut frequentierten Oberen Markt zum Bummeln oder Einkaufen aufhielten. Es gab viel positive Resonanz, auch sehr häufig von Menschen, die die Zeit des Krieges in Würzburg miterlebt haben. Natürlich fühlten sich auch manche auf den Schlips getreten und behaupteten, sie hätten ja von all den Verbrechen der Nazis nichts gewusst. Traurig ist allerdings, wie viele junge Menschen vollgepackt mit Einkaufstaschen sich augenscheinlich für nichts ausser ihren Konsum interessieren. Ein Indiz dafür, wie wichtig es ist, dass wir weiter die Geschehnisse der Nazizeit aufarbeiten und analysieren. Es kann nicht sein, dass Menschen der Geschichte ihrer Stadt mit solch einer Ignoranz entgegentreten. Mit Fotos, die Würzburg im Rausch des Nationalsozialismus zeigen, wurde verdeutlicht, dass die Stadt alles andere als ein unschuldiges Kriegsopfer war. Es wurden hunderte Flyer mit dem Aufruf zu unserem Aktionswochenende am 6./7./8. Mai verteilt. Insgesamt kann man sagen, dass wir mehr positive Gespräche mit den Passant*innen geführt haben, als negative. Auch zwei der (scheiß) Identitäteren besuchten uns und schossen ein paar Fotos.

Am 7. Mai bei der Nachttanzdemonstration und am 8. Mai bei unserer nachmittäglichen Demonstration werden wir weiter versuchen dem Geschichtsrevisionismus Einhalt zu bieten.

Kundgebung1

Kundgebung2

HÄNDE WEG VON ROJAVA!

Sa. 09.04.16 um 12:00 Uhr
Schillerplatz, Schweinfurt

Rojava (Nordsyrien) ist nach der erfolgreichen Schlacht um Kobane ein Symbol für den Kampf um Freiheit und Demokratie überall auf der Welt geworden. Doch das unabhängige demokratische System ist den Imperialist*innenen ein Dorn im Auge allen voran EU und Türkei, letztere droht offen mit einem Überfall auf das vom IS befreite Gebiet. Zusätzlich verschärft das Erdogan-Regime den Kampf gegen die Kurd*innen, kritische Journalist*innen, Linke und andere fortschrittliche Kräfte innerhalb der Türkei, viele türkisch-kurdische Städte liegen unter schwerem Beschuss, sind kaum noch bewohnbar und ohne ausreichend humanitäre Versorgung. Kein Kommentar dazu von der Bundesregierung, stattdessen wird das Terror-Regime mit Milliarden von Euro subventioniert um Europa die Menschen weg zu halten, die vor dem Krieg den die Imperialist*innen angezettelt haben flüchten wollen. Fluchtursachen zu bekämpfen würde bedeuten die demokratischen Kräfte in Rojava zu stärken und nicht dem Terror der türkischen Regierung zu überlassen. Die Erfahrung zeigt aber, dass sich die Menschen nicht auf die imperialistischen Regierungen verlassen können sondern ihre Anliegen selbst in die Hand nehmen müssen.
In diesem Sinne:

-Hände weg von Rojava!
-Hoch die internationale Solidarität!

Flyer Rojava

Kein Vergeben. Kein Vergessen – Stolpersteine putzen

Wie häufig bist Du schon über diese kleinen Messingplatten gestolpert, die in Würzburg im Boden verlegt sind? Vielleicht ist es kein richtiges Stolpern, eher ein Stolpern im Kopf, ein Stolpern im Herzen, wenn Dir auffällt, dass zu Deinen Füßen auf 10x10cm ein ganzes Leben und ein grausamer Tod eingraviert ist. Namen, die Du sonst nie kennen würdest. Geschichten, von denen Du nichts wissen würdest.

In Europa sind mittlerweile über 56.000 dieser Stolpersteine verlegt worden, die an die Menschen erinnern sollen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Darunter befanden sich neben Jüd*innen auch Sinti und Roma, People of Colour*, Homosexuelle, Menschen mit Behinderung und politisch Verfolgte.

Die Steine markieren Tatorte von Deportationen, die häufig inmitten dicht besiedelter Gebiete lagen. Damit wird die Behauptung einiger Zeitzeug*innen, sie hätten nichts von den Deportationen gewusst, als Lüge entlarvt. Auf manchen Steinen steht auch, dass die deportierten und ermordeten Menschen von ihren Nachbar*innen denunziert wurden.

Dennoch ist das Projekt nicht unkritisch zu betrachten. Menschen laufen täglich gedankenlos über die Steine, „treten sie mit Füßen“ und nehmen sich nicht die Zeit, kurz denen zu Gedenken, die Opfer des NS-Regimes wurden. Auch werden die Steine immer wieder zu Zielobjekten rechtsradikaler Schmierereien. Auf manchen Steinen finden sich die Vorwürfe, die den Deportierten gemacht wurden im Jargon der Nationalsozialist*innen, was von vielen Menschen vehement kritisiert wird.

Und trotzdem ist es eine Form, die Namen der Ermordeten des NS-Terrors zurück an die Orte ihres Lebens zu bringen. An Orte, wo auch heute noch Menschen leben, die vielleicht inne halten, sich bücken, lesen und einen achtsamen Moment denen schenken, die von den Nationalsozialist*innen ermordet wurden.

Wir putzen am Dienstag Nachmittag die Steine, weil wir inne halten wollen, weil wir gedenken wollen. Der Holocaust und die systematische Ermordung von Millionen von Menschen, die nicht in die faschistische Ideologie passen, ist auf grausame Weise ein unvergleichliches Verbrechen. Grade in Zeiten, in denen rechte Parteien und Kräfte wieder erstarken, finden wir antifaschistische Arbeit und eine lebendige Erinnerungskultur umso wichtiger.

*PoC: nicht weiße Menschen

Bilder:

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Bericht zu türkisch-nationalistischer Kundgebung am 01.04.16

Am Nachmittag des 1.4.2016 versammelten sich 30 bis 40 türkische Nationalist*innen am Unteren Markt in Würzburg. Die mit Hamburger Gittern eingezäunte Menge stellte übertrieben viele türkische Nationalfahnen zur Schau, einige zeigten offensichtlich den Gruß der faschistischen „Grauen Wölfe“. Diese Gruppierung fiel in Vergangenheit öfters durch exterm gewalttätige Angriffe auf Kurd*innen auf, darunter auch Messerstechereien. Auch dadurch entpuppte sich der angestrebte Charakter der Kundgebung, nur gegen „den Terror“ zu protestieren, als Farce. Continue reading „Bericht zu türkisch-nationalistischer Kundgebung am 01.04.16“