Aufruf zum Antiautoritären Block auf der Demo: „Nein zum neuen Polizeiaufgabengesetz“
Am: 21.04. am Hauptbahnhof um 16:30
Bereits im Sommer des vergangenen Jahres wurde unter Innenminister Herrmann ohne größeres Aufsehen das sog. „Gefährdergesetz“ verabschiedet und damit die ursprünglich von den Nationalsozialisten etablierte und von der BRD übernommene Praxis der „vorbeugenden Verbrechensbekämpfung“ deutlich verschärft. Personen können in Bayern nun präventiv – also ohne eine Tat begangen oder konkret geplant zu haben – für eine unbegrenzte Zeit festgehalten werden. Die aktuell angedachten Änderungen sowie Erweiterungen des PAG (Polizeiaufgabengesetz) setzen nun wieder genau hier an und machen mehr als deutlich, dass die CSU massiv die Errichtung eines Polizeistaates vorantreibt. Vorgesehene Maßnahmen sind unter anderem:
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Beschlagnahmung der Post
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Vorschreiben des Aufenthaltsortes für sog. „Gefährder“
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Flächendeckende Anwendung von Gesichtserkennungssoftware; Abgleich mit anderen Bilddateien; Untersuchung von DNA – Proben
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Vergleich von Verhaltensmustern auf Demonstrationen; Ausstattung der Polizeieinheiten mit Granaten
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Aufnahme von Ermittlungen; Einsetzen von V-Leuten; Verwanzen von Wohnungen
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Verdeckter Zugriff auf IT- und Telekommunikationssysteme; Veränderung und Löschung der Daten
Des Weiteren heißt es in Artikel 74 des Gesetzesvorschlages wörtlich: „Auf Grund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit, auf Freiheit der Person, auf Versammlungsfreiheit, des Fernmeldegeheimnisses, sowie auf Freizügigkeit und auf Verletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt werden.“
Die Trennung der Zuständigkeiten von Polizei, Nachrichtendienst und Verfassungsschutz wird de facto aufgehoben. Die Polizei erhält Befugnisse, wie es sie aufgrund ihres umfassenden Charakters seit 1945 nicht mehr gegeben hat. Besonders prekär ist vor allem die Tatsache, dass bei einigen dieser Maßnahmen, anders als im Moment, keine richterliche Befugnis mehr benötigt wird. Eine Kontrolle durch die Judikative fällt also weg und die Exekutive verfügt in der konkreten Umsetzung über sämtliche Freiheiten. Ins Visier der Behörden kann bereits schon heute jeder Mensch geraten, der sich zur falschen Zeit am falschen Ort aufhält, ein „falsches“ äußere besitzt oder mit den „falschen“ Personen in Kontakt steht, wie mehrere Beispiele auch schon in der Vergangenheit aufgezeigt haben. Diese Problematik dürfte sich also dramatisch zuspitzen. Besonders gravierend erscheinen auch die zwangsläufigen Konsequenzen für politisches Engagement. Die CSU setzt in ihrer Begründung Terrorismus mit ihrem Verständnis von Extremismus gleich. Eine Unterscheidung der Begriffe innerhalb des Entwurfs lässt sich kaum ausmachen („Die nationale wie internationale Gefährdung durch verschiedene Formen des Terrorismus und Extremismus ist anhaltend hoch“). Die Teilnahme an einer Demonstration oder anderweitigen politischen Aktion, die nicht dem von der bayerischen Staatsregierung getragenen Konsens entspricht, führt also im Extremfall nicht nur zur Einordnung als „Extremist*in“, sondern gleichzeitig auch als „Terrorist*in“. Die Deutungshoheit darüber was als „extremistisch“ einzustufen ist, obliegt problematischer Weise eben den gleichen Institutionen, die in der Position sind, ein solches Gesetz zu beschließen und durchzusetzen. Politische Aktivisten können also schließlich als potenzielle „Terrorist*innen“ mit der vollen Härte des Gesetzes konfrontiert werden. Die künftig zu erwartende Repression lässt sich nur erahnen. Denkt man außerdem im Kontext dieses Gesetzes an die Ausmaße der staatlichen Vertuschung rund um den Mord an Oury Jalloh und zwei weiterer Menschen in Dessau oder die Rolle des Verfassungsschutzes im Umfeld des NSU, sind die in Zukunft zu erwartenden Entwicklungen schlichtweg mehr als alarmierend.
Diese prekäre Situation darf aber nicht als Sonderfall interpretiert werden. Weltweit lässt sich beobachten wie Staaten zunehmend versuchen, ihre Machtpositionen sowohl innerhalb ihrer Grenzen sowie auf internationaler Ebene auf Basis der heutigen technischen Möglichkeiten und unter dem Deckmantel der „Sicherheit“ oder „Terrorabwehr“ abzusichern. Bereits in der Vergangenheit hat die NSA-Affäre dies mehr als deutlich gemacht. Auch in den Niederlanden ist aktuell beispielsweise ein umfangreiches Gesetz zur Massenüberwachung im Gespräch, während die französische Regierung den seit über 2 Jahren wehrenden Ausnahmezustand und die entsprechenden Maßnahmen nun Stück für Stück in der Verfassung verankern will. Die Änderungen des PAG müssen also eben auch als Konsequenz dieser Entwicklung gesehen werden. Vor allem lässt sich bereits jetzt absehen, dass diese Regelungen gerade unter einem Horst Seehofer bald Alltag in ganz Deutschland sein werden.
Regiert sein heißt seit jeher von den Launen des jeweiligen Staates, beliebig in der individuellen Freiheit eingeschränkt und für allzu große Abweichungen vom ach so idealen Status quo denunziert und verfolgt zu werden. Die zuständigen Behörden und Institutionen haben sich hierbei immer an den Möglichkeiten orientiert, die ihnen aufgrund diverser Neuerungen zur Verfügung standen. Gerade in einem Zeitalter, indem die technische und digitale Entwicklung hier schier grenzenlose Optionen anbietet, verheißt dieser Zustand nichts Gutes. Der Protest muss sich daher nicht nur gegen bestimmte Gesetze, sondern die sie regelmäßig hervorbringenden Staaten richten. Denn selbst mit einer Verhinderung dieses Gesetzes wird diese Problematik nicht vom Tisch sein, sondern spätestens bei einem konkreten Anlass ein neuer Versuch gewagt werden.
Während für gewisse Teile der verschiedenen Oppositionspartei vor allem zu zählen scheint, sich des Themas im Vorfeld der Landtagswahlen zu bemächtigen und für Zwecke der Eigenwerbung zu nutzen, sollte aus der aktuellen Gefahrenlage eigentlich geschlossen werden, dass es hier ums Ganze geht und der Protest sowie die Verhinderung dieses Vorhabens im Vordergrund stehen müssen. Die beschriebene Problematik ist für derlei Absichten schlicht und ergreifend zu wichtig.
Wir rufen daher für die Demonstration am 21.04 dazu auf, sich dem antiautoritären Block anzuschließen und den Protest entschlossen und lautstark auf die Straße zu tragen! Zeigen wir Herrmann und Konsorten, dass ihre totalitären Phantasien mit massiven Widerstand zu rechnen haben!
Auf die Straße gegen Polizeistaat und Massenüberwachung!
Feuer und Flamme der Repression!
Auch bei der Großdemonstration am 10.05. auf dem Münchner Marienplatz ab 13 Uhr!